Es gibt eine neue Web-App mit Namen „IZITRU“ (Is it true – ist es wahr): www.izitru.com
Und bei Spiegel Online konnte man lesen „Diese App enttarnt Fotofälschungen„. Schauen wir mal:
Diese App soll Bilder auf ihre Echtheit prüfen, wenn man sie da hochlädt. Und die Betreiber (und auch Spiegel-Online „Und wenn Izitru ein Bild bemängelt, dann mit Recht.“) versprechen vollmundiges:
Kommen wir erstmal auf die offenkundigen Probleme:
Die App, die das gestellte Foto findet gibt es genauso wenig wie die App, die feststellen kann ob der Fotograf irgendetwas relevantes bewußt nicht fotografiert hat und so stellt man hier bei einer ethischen Frage auf etwas technisches ab. Und das ist natürlich insgesamt zu kurz gesprungen.
Ich hab das gerade mal getestet und war baff, daß diese App keine RAW Daten akzeptiert und JPGs aus RAW-Daten gleich unter Verdacht stellt. Also habe ich weiter getestet (siehe unten) und das Ergebnis ist ernüchternd, denn diese App stellt praktisch jedes journalistische Foto, das den Ansprüchen an bekannte ethische Standards entsprechen würde unter Verdacht, nur weil es kein JPG direkt aus der Kamera ist und das geht schon los, wenn die Datei einfach per IPTC beschriftet wird. Das ist bizarr bis unseriös, denn alles was kein JPG aus der Kamera ist wird in die „verdächtig“ Ecke gestellt.
Hier der Test mit einem Bild. Das erste ist ein JPG aus der Kamera. Alles ist toll.
Nun, das selbe JPG ohne in Photoshop geöffnet worden zu sein, in Photo Mechanic mit IPTC-Bildinformationen (also Name des Fotografen, Ort, Namen der abgebildeten Personen, Schlagwörter, Bildbeschreibung etc.) versehen. Schon ist es mit der Vertrauenswürdigkeit eher vorbei!
Das nächste Bild hat nichts an Manipulation erfahren, außer in Photoshop geöffnet und wieder gespeichert zu werden, es ist nichtmal kleiner gerechnet, was z.B. bei Nachrichtenbildern völlig üblich wäre, um diese schneller verschicken zu können, denn keine Nachrichtenagentur verschickt 22 Megapixel große Bilddateien. Doch das Bild gilt jetzt schon als potentiell modifiziert. Und das, was der Betrachter da auf dem Bild sehen kann ist bislang in keiner Weise verändert worden!
Jetzt das ganze gespiegelt und gespeichert. Das ändert schon was am Inhalt, macht aber keinen Unterschied in der Bewertung durch IZITRU.
Und als Finale unser Beispielbild mit einer nicht eben subtilen inhaltlichen Manipulation. Und trotzdem kommt IZITRU zu exakt dem selben Urteil, das anscheinend nur auf der Frage „Ist die Datei direkt aus der Kamera?“ basiert. Da von „Wahrheit“ zu sprechen ist doch reichlich sportlich! Diese technisch armselige auf den ersten Blick zu erkennende Bildmanipulation bekommt die selbe Glaubwürdigkeitsstufe wie ein Bild, das lediglich zum schnelleren Datentransfer kleiner gerechnet wurde oder das aus einer RAW-Datei stammt.
Im Moment verunsichert IZITRU wohl eher Menschen die das benutzen und ist bestenfalls ein Werkzeug für Verschwörungtheoretiker der Montagsdemos im Kampf gegen die „Systemmedien“. In gewisser Weise diskreditiert es so die Arbeit von Fotografen, die ethisch tadellos arbeiten.
„Whenever the truth matters“? ist da wohl eher ein schlechter Witz!
P.S.: Hier zwei weitere Bilder, zur Sicherheit (nicht das die Katze ein Ausreißer ist). Beim unteren habe ich zudem (weil diese App irgendwas von einer „Sensor Irgendwas“-Analyse sagt) ein mit dem iPhone fotografiertes ADAC-Auto eingebaut, um Bildteile aus verschiedenen Kameras mit sicher verschiedenen Sensoren in der Datei zu haben.
Nachtrag: Übrigens kann man auch für die abenteuerlichste Version den grünen Punkt bekommen. Und ich hab das jetzt extra eher lieblos gemacht, damit man sieht, wie es gemacht ist: Bild manipulieren, ausdrucken, Repro machen, Datei hochladen:
http://izitru.com/MoXz6
P.P.S.: Ob es durch die große Reichweite der Verknüpfung bei bildblog kommt oder ein Zufall ist, habe gerade erfahren, daß man bei IZITRU wohl die Bewertung des obigen Bildes händisch angepaßt hat. http://izitru.com/MoXz6